Ausschreibungen

Eine Ausschreibung ist ein bestimmtes Vergabeverfahren von Aufträgen im Wettbewerb. Sinn und Zweck dieses Verfahrens, das im Projektmanagement oft eine wichtige Rolle spielt, ist eine wettbewerbsbasierte Preisermittlung1.

Definition

“Unter einer Ausschreibung versteht man im europäischen Rechtsraum die öffentliche Bekanntmachung von offenen Aufträgen mit der Aufforderung an interessierte Unternehmen, ein passendes Angebot an die verantwortlichen Stellen abzugeben2.”

Insbesondere für staatliche Auftragsvergaben ist die öffentliche Ausschreibung üblicherweise vorgeschrieben, um Korruption und Vetternwirtschaft zu verhindern. Ein weiterer Vorteil ist, dass der Auftraggeber durch eine Ausschreibung ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis erzielen kann3.

Ausschreibungsarten

Ausschreibungsarten Vergabe von öffentlichen Aufträgen4

Es gibt gemäß § 3 der VOB/A5 und § 8 der UVgO6 zwei verschiedene Arten von Ausschreibungen. Öffentliche Ausschreibungen (Offenes Verfahren) und Beschränkte Ausschreibungen (Nichtoffenes Verfahren). Zweitere können im Bereich der Bauleistungen durchgeführt werden:

  1. Wenn eine Öffentliche Ausschreibung oder eine Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb kein annehmbares Ergebnis gehabt hat.
  2. Wenn die Öffentliche Ausschreibung oder eine Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb aus anderen Gründen (z. B. Dringlichkeit, Geheimhaltung) unzweckmäßig ist.
  3. Unter einem bestimmten Auftragswert der Bauleistung ohne Umsatzsteuer:
    1. 50.000 € für Ausbaugewerke (ohne Energie- und Gebäudetechnik), Landschaftsbau und Straßenausstattung
    2. 150.000 € für Tief-, Verkehrswege- und Ingenieurbau
    3. 100.000 € für alle übrigen Gewerke

Die dritte Ausschreibungsart ist die Freihändige Vergabe bzw. das Verhandlungsverfahren. Bei dieser wendet sich der Auftraggeber direkt an ein oder mehrere ausgewählte Unternehmen. Diese Art der Vergabe darf nur unter bestimmten Bedingungen angewendet werden2:

  • Wenn die Leistung besonders dringlich ist
  • Wenn es aus Gründen der Geheimhaltung erforderlich ist
  • Wenn aus besonderen Gründen nur ein bestimmtes Unternehmen in Betracht kommt (z.B. Patentschutz)

Ablauf eines Vergabeverfahrens

Öffentliche Ausschreibungen müssen in Deutschland laut § 12 der VOB/A7 und gemäß § 28 UVgO8 z.B. in Tageszeitungen, amtlichen Veröffentlichungsblättern oder auf Internetportalen bekannt gemacht werden9.

  1. Eine öffentliche Einrichtung stellt einen Bedarf fest; das Ziel sowie die dafür notwendigen Maßnahmen werden in einer Leistungsbeschreibung definiert
  2. Die Vergabeunterlagen werden erstellt. Dort werden die erwarteten Leistungen und welche besonderen Eignungen für die Durchführung nötig sind exakt festgelegt
  3. Festlegung des Vergabeverfahrens; Regelfall ist das Offene Verfahren
  4. Veröffentlichung der Ausschreibung
  5. Unternehmen reichen Angebotsunterlagen mit Referenzen, Zeugnissen und einer Preiskalkulation ein
  6. Die Vergabestelle bewahrt alle Bewerbungen bis zum Ablauf der Frist geschlossen an einem manipulationssicherem Ort auf
  7. Die Angebote werden geprüft und anschließend bewertet
  8. Die Vergabestelle entscheidet, welches Unternehmen den Zuschlag erhält
  9. Bei Ausschreibungen auf europäischer Ebene werden zuerst die Teilnehmer schriftlich informiert, die den Zuschlag nicht erhalten haben. Ihnen werden die Ablehnungsgründe und der Name des erfolgreichen Bieters mitgeteilt

Ausschreibungen in der Privatwirtschaft

In der Privatwirtschaft sind Ausschreibungen, im Gegensatz zu öffentlichen Ausschreibungen, keinen strikten gesetzlichen Formalitäten untergeordnet. Aus diesem Grund gibt es sehr viele verschieden varianten von Ausschreibungen. Die Bekanntesten werden nun im Folgenden genannt und kurz erläutert3:

  1. Request for Information (RFI): Es werden zunächst nur Informationen von den verschiedenen Bietern verlangt, meistens antworten die Bewerber mit Listenpreisen. So kann sich ein Überblick über den Markt verschafft werden.
  2. Request for Quotation (RFQ): Es wird mithilfe des Lastenhefts der genaue Bedarf und die gewünschte Leistung offengelegt. Diese Ausschreibung wird direkt an Unternehmen geschickt, die für den Auftrag bereits in Betracht gezogen wurden.
  3. Request for Proposal (RFP): Ist inhaltlich sehr ähnlich zu einer öffentlichen Ausschreibung; das ausschreibende Unternehmen ist aber nicht daran gebunden ein bestimmtes Angebot anzunehmen.
  4. Request for Feature (RFF): Ist eine Aufforderung zur Angebotserweiterung.

Kritik

Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen kritisieren den hohen Bürokratischen Aufwand und dass man durch kleinste Fehler bei den Formalitäten schon ausscheiden kann. Außerdem können deutsche Unternehmen, auf Grund der unterschiedlichen Lohnniveaus oder Mehrwertsteuersätze, nicht mit der Konkurrenz aus dem Ausland wie zum Beispiel Polen mithalten10.

Quellen

  1. http://projektmanagement-definitionen.de/glossar/ausschreibung/ 

  2. https://buildingradar.com/de/construction-blog/ausschreibung/  2

  3. https://www.digital-sales.de/ausschreibungen-als-verfahren-des-projektmanagements/#title1  2

  4. https://buildingradar.com/wp-content/uploads/Freihändige-Vergabe.jpg 

  5. https://dejure.org/gesetze/VOB-A/3.html 

  6. https://www.vergabevorschriften.de/uvgo/8 

  7. https://dejure.org/gesetze/VOB-A/12.html 

  8. https://www.vergabevorschriften.de/uvgo/28 

  9. https://www.ionos.de/startupguide/unternehmensfuehrung/ausschreibung/ 

  10. https://www.sueddeutsche.de/muenchen/erding/europaweite-ausschreibungen-viel-aufwand-fuer-wenig-kostenvorteile-1.4458021