Vom_Mythos_des_Mann_Monats
Vom Mythos des Mann-Monats ist ein Essay des amerikanischen Informatikers Fred Brooks aus dem gleichnamigen Buch The Mythical Man-Month: Essays on Software Engineering (deutsch: Vom Mythos des Mann-Monats: Essays über Software-Engineering). Die englische Originalausgabe erschien im Jahr 1971 und wurde 1991 in deutscher Sprache veröffentlicht. Er befasst sich darin mit seinen Eindrücken und Erfahrungen in Bezug auf Software-Engineering und Projektmanagement, die er als ehemaliger Leiter eines Projekts bei IBM gesammelt hat, und den daraus geschlossenen Erkenntnissen. Aus diesen leitete Brooks das Brook’sche Gesetz ab, wonach der Einsatz zusätzlicher Arbeitskräfte bei bereits verzögerten Software-Projekten diese nur noch mehr verzögert.1
Der Mythos Mann-Monat
Software-Projekte scheitern laut Brooks am häufigsten an Zeitnot, die auf der Annahme eines Mythos basiert. Gründe hierfür sind:1
- Optimismus
- Der Mann-Monat
- System-Prüfung
- Schätzen ohne Risikobereitschaft
- Rückkopplung
Optimismus
Einer der Gründe für das Entstehen von Zeitnot ist laut Brooks die bei allen Programmierer:innen verankerte Denkweise, alles werde schon gutgehen. Aufgrund ihrer eigenen Arbeitsweise nehmen sie an, dass die Repräsentation ihrer gedanklichen Konzepte frei formbar und flexibel ist und daher die Umsetzung ihrer Vorstellungen problemlos erfolgt. Sie verkennen, dass auch ihre Ideen mangelhaft sein können, wodurch auch ihre Implementierung fehlerbehaftet ist. Durch diesen Optimismus hinsichtlich der Umsetzung wird der für die Implementierung benötigte Zeitaufwand regelmäßig unterschätzt.12
Der Mann-Monat
Der Mann-Monat stellt eine Maßeinheit für die Menge an Arbeit dar, die eine Person durchschnittlich in einem Monat schafft, und ist das Produkt von Zeit und Personal. Er wird als Maßstab von Schätzungen und Zeitvorgaben zugrunde gelegt.3
Diese zugrunde gelegte Einheit führt jedoch zu einem Trugschluss, da irrtümlich angenommen wird, dass die Faktoren Mann und Monat, also Arbeitskraft und Zeit, austauschbar sind. Das Verhältnis zwischen Arbeitskraft und Zeit ist aber nicht linear, sodass mehr Arbeitskraft nicht zu einer verkürzten Zeit führt, was eine Austauschbarkeit ausschließt.1
Eine tatsächliche Austauschbarkeit liegt ausnahmsweise bei denjenigen Aufgaben vor, die so gestellt und aufgeteilt sind, dass viele Arbeitskräfte sie bewältigen können, ohne dass hierfür ein Informationsaustausch notwendig ist (Abbildung 1). Solche Projekte kommen in der Praxis jedoch kaum vor.14
Abbildung 1: aufteilbare Arbeitszeit und Arbeitskräfte.1 Die Abbildung verdeutlicht, dass die Zeit verkürzt werden kann, wenn mehr Arbeitskräfte an einer Aufgabe beteiligt werden.
Erfolgt aber eine Aufgabe in einer bestimmten Reihenfolge und ist deshalb nicht aufteilbar, dann hat jede hinzugefügte Anstrengung keinen Einfluss auf die Zeit (Abbildung 2).5
Abbildung 2: unteilbare Arbeitszeit und Arbeitskräfte.1 Dabei wird veranschaulicht, dass eine Erhöhung der Arbeitskräfte keine Auswirkungen auf die Zeit hat, sobald eine Aufgabe in einer bestimmten Reihenfolge zu erfolgen hat.
Bei aufteilbaren Aufgaben ist hingegen Projektkommunikation in Form eines Informationsaustausches notwendig, der als Aufwand der zu leistenden Arbeit angerechnet werden muss (Abbildung 3), was sich verlängernd auf die Projektzeit auswirkt. Mit mehr Kommunikationsbeziehungen erhöht sich auch der Aufwand für eine Aufgabe zusätzlich zu dem ohnehin hinzuzurechnenden Aufwand des Informationsaustausches als zu leistende Arbeit.1
Abbildung 3: Projekt mit Informationsaustausch.6 Da ein Kommunikationsaustausch zum Aufwand hinzuzuaddieren ist, erhöht sich mit Zunahme der Arbeitskräfte der für die Aufgabe erforderliche Kommunikationsaustausch, wodurch die Zeit für eine Aufgabe ansteigt.
Beim Informationsaustausch von n Personen sinkt ihr Output mit wachsendem n. Sobald dieser negativ wird, verzögert sich das Projekt mit jeder zusätzlich eingesetzten Person (Abbildung 3).Dabei ist die Anzahl der Kommunikationsbeziehungen definiert durch: n(n − 1) / 2 17
Systemprüfung
Ein Projekt verzögert sich zudem durch die Unterschätzung der Dauer einer Systemprüfung. Für diese wird bei der Planung der Projektdauer meist zu wenig Zeit vorgesehen.1
Schätzen ohne Risikobereitschaft
Ein Projekt erfordert eine gewisse Dauer, worauf auch der ausgeübte Zeitdruck von Kunden keinen Einfluss hat. Durch eine Anpassung an Kundenwünsche erfolgt jedoch eine falsche Arbeitsplanung, die wiederum zum Zeitverzug führt.1
Rückkopplung
Gerät ein Projekt in Zeitverzug, so werden zur Problemlösung mehr Arbeitskräfte eingesetzt. Dadurch entsteht jedoch ein Rückkopplungseffekt, da die Projektverzögerung durch Hinzukommen der Einarbeitungsdauer und der erhöhten Kommunikation für den Informationsaustausch vergrößert wird (Abbildung 4).1
Abbildung 4: Rückkopplung durch Einsatz weiterer Arbeitskräfte1 Die Abbildung zeigt, dass die Einarbeitung neuer Arbeitskräfte Zeit in Anspruch nimmt, wodurch alle nachfolgenden Projektabschnitte später als vorgesehen beginnen können und somit das Projekt in Verzug gerät.
Mythos als Schlussfolgerung
Unter Darstellung der Gründe hält es Brooks daher für einen Mythos, dass durch eine Erhöhung der Arbeitskraft die Projektzeit verkürzt werden kann und erst recht nicht kürzer sein kann als die Dauer, die ein Projekt grundsätzlich erfordert.1
Siehe auch
Weiterführende Literatur
- Brooks Jr, Frederick P.: The mythical man-month: essays on software engineering. Pearson Education, 1995.
- Arbeit oder Dauer im Projektmanagement
Quellen
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Brooks, Frederick P.: Vom Mythos des Mann-Monats. Essays über Software-Engineering. mitp Verlags GmbH & Co. KG, 2003, S. 13-27. ↩ ↩2 ↩3 ↩4 ↩5 ↩6 ↩7 ↩8 ↩9 ↩10 ↩11 ↩12 ↩13 ↩14
-
Demant, Christian. Software Due Diligence: Softwareentwicklung als Asset bewertet.Springer-Verlag, 2017, S. 97f. ↩
-
Arbeit oder Dauer im Projektmanagement, abgerufen am 23.11.2021. ↩
-
Gubbels, H. Methoden des Projektmanagements. In SAP® ERP–Praxishandbuch Projektmanagement (pp. 5-37). Vieweg+ Teubner, 2009, S. 13. ↩
-
Projektmanagement aus der Praxis der Softwareentwicklung, 27.10.2014, abgerufen am 23.11.2021. ↩
-
Vom Mythos des Mann-Monats, abgerufen am 23.11.2021. ↩